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Vorlage - /2019/069  

Betreff: Kindertagesstätten
Sachstandsbericht zur Kita-Reform des Landes Schleswig-Holstein
Status:öffentlich  
Art:Mitteilung
Beratungsfolge:
Sozialausschuss
11.06.2019 
Sitzung des Sozialausschusses zur Kenntnis genommen   
Hauptausschuss
17.06.2019 
Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Sach- und Problemdarstellung:

Die regierungstragenden Parteien des Schleswig-Holsteinischen Landtages haben in ihrem Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode eine Neuordnung der Finanzierung und die Steigerung der Qualität in der Kindertagesbetreuung als eines der „Leitprojekte“ beschrieben.

 

Ziele der Reform waren:

  • finanzielle Entlastung der Kommunen,
  • Qualitätsverbesserung für die Kindertagesbetreuung,
  • finanzielle Entlastung der Eltern.

 

Nach einem über einjährigen intensiven Beratungsprozess unter enger Einbindung der Kommunalen Landesverbände liegen nunmehr erste Rahmendaten der Reform vor. Aus dem vom Land veröffentlichten Eckpunktepapier der Kita-Reform 2020 (Anlage 1-Stand: Nach den Sitzungen der AG Koordinierung am 12. und 29.03.2019) ergeben sich zusammenfassend die folgenden wesentlichen Ergebnisse des Reformprozesses:

 

1. Standardkostenmodell

Grundlage der neuen Finanzierung ist ein sog. „Standard-Qualitäts-Kosten-Modell“ (SQKM). Danach werden auf Basis einer definierten Referenz-Kita (erfüllt alle vom Land gesetzten Personal- und Ausstattungsstandards sowie die pädagogischen und administrativen Vorgaben) nach Betreuungsumfang und Alter der Kinder (U3 oder Ü3) bezogene Betriebskosten ermittelt und pauschal den Kostenträgern zugeordnet. Hiernach ist vorgesehen, dass sowohl Land, Wohnortgemeinden, als auch Eltern feste Finanzierungsbeiträge leisten. Das Land wird sich zukünftig mit einem festen noch zu konkretisierenden Finanzierungsanteil an den Kosten beteiligen. Dieser Anteil wird erstmalig dynamisiert und soll somit auch zukünftige Kostensteigerungen (z.B. durch tarifliche Veränderungen) auffangen. Die Kreise und Träger werden keine eigenen Betriebskostenanteile mehr zu tragen haben. Die Kindertagespflege (KTP) wird in die neue Form der Finanzierung vollumfänglich einbezogen. Somit wird zukünftig auch die KTP über das SQKM abgebildet. Hieran beteiligen sich Land (neu), Wohnortgemeinden (neu) und Eltern paritätisch an den Kosten der Kindertagespflege. Die Kreise sind zukünftig nicht mehr in die Finanzierung der KTP eingebunden. Darüber hinausgehende zusätzliche qualitative Standards, Trägerprofile können durch Standortgemeinden, Kreise und Träger freiwillig finanziert werden.
 

Finanzierungsstruktur (nach Übergangsphase ab 01.01.2024)

  • Eltern zahlen gedeckelten Elternbeitrag direkt an den Träger,
  • Wohngemeinden zahlen Prozentsatz am SQKM an den Kreis,
  • Land zahlt Differenzbetrag (Kosten SQKM abzgl. Elternbeiträge und Anteil Wohngemeinden) an den Kreis,
  • Kreis zahlt Sozialstaffel, Ausgleich für Strukturnachteile und Leerstandkosten sowie Weiterleitung der Gelder von Land und Gemeinden (pauschale Förderung) an den Träger.

 

Die Kreise sollen zukünftig im Rahmen der Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion nicht gedeckte Kosten übernehmen. Hierzu zählt zum einen ein „struktureller Nachteilsausgleich“; damit sind Kosten für nicht steuerbare Nachteile von Einrichtungen gemeint, die auf der Basis des SQKM nicht finanziert werden können. Konkrete Beispiele für die so genannten nicht steuerbaren Nachteile, die als „struktureller Nachteilsausgleich“ anzusehen sind, können zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht benannt werden, denn Merkmale für „strukturellen Nachteilsausgleiche“ sind bislang nicht konkretisiert und müssen in der vorgesehenen Übergangsphase (1.8.2020 bis 31.12.2023) näher definiert werden. Zudem sind durch Minderbelegung (freibleibende Gruppenplätze) entstehende Leerstandskosten zu übernehmen, und zwar in Höhe des ausfallenden Landesanteils und des Anteils der Wohnortgemeinde.

 

Finanzierungsstruktur (Übergangphase bis 31.12.2023)

  • Eltern zahlen gedeckelten Elternbeitrag direkt an den Träger,
  • Wohngemeinden zahlen Prozentsatz am SQKM an den Kreis,
  • Land zahlt Differenzbetrag (Kosten SQKM abzgl. Elternbeiträge und Anteil Wohngemeinden) an den Kreis,
  • Kreis zahlt Sozialstaffel und Leerstandkosten - kein Ausgleich von Strukturnachteilen, Weiterleitung der Förderanteile von Land, Gemeinden und Kreis an die Standortgemeinde,
  • Standortgemeinde zahlt (zzgl. zum Anteil SQKM) Differenzbetrag zwischen Förderung nach SQKM und Ist-Kosten des Trägers über den bestehenden Finanzierungsvertrag mit den Trägern.

 

Anmerkung

Im Hinblick auf die Kostenentwicklung auf gemeindlicher Ebene ist eine Quantifizierung der zukünftigen finanziellen Belastung derzeit (noch) nicht möglich, als Planziel des Landes wird ein gemeindlicher Anteil von ca. 40 % genannt. Die Gesamtkosten der Referenzkita sowie der Anteil der Wohngemeinde am SQKM sind derzeit nicht bekannt. Daher kann auch keine Aussage darüber getroffen werden, mit welchem Anteil die Förderung die Ist-Kosten der Träger deckt.

 

Der Landkreistag geht in einer Vergleichsrechnung davon aus, dass sich landesweit betrachtet die Belastung der Kreise insgesamt für Nachteilsausgleich und Leerstandskosten einerseits und die Entlastung durch die entfallende Betriebskostenförderung, mögliche Einsparungen bei der Sozialstaffel aufgrund reduzierter Elternbeiträge und den Wegfall der Finanzierung der Kindertagespflege anderseits im Großen und Ganzen ausgleichen. Der Anteil der Kreise an den Gesamtkosten der Betreuung beträgt danach heute ca. 10 % und dabei soll es voraussichtlich auch zukünftig bleiben. Damit ist aber keine Aussage zur konkreten Situation im Kreis Steinburg getroffen; diese Auswirkung lässt sich derzeit nicht quantifizieren.

 

2. Entlastung der Eltern

Nach dem Modell des Landes werden die Elternbeiträge landesweit einheitlich ab dem 01.08.2020 bei 80 bis 90 % der gegenwärtigen Durchschnittbeiträge gedeckelt. Dieser sogenannte Beitragsdeckel gilt auch für die Tagespflege, Beiträge für Mittagessen und Ausflüge sind hiervon nicht berührt. Eine zusätzliche Elternentlastung ist auf freiwilliger Basis durch die Kommune möglich.

 

Monatsbeiträge

 

Krippe (0-3 Jahre)

5 Stunden Betreuung

8 Stunden Betreuung

Derzeitiger Landesdurchschnitt

225,47 €

360,75 €

Zukünftige Deckelung

(7,21 € Monatsbeitrag pro wöchentlicher Betreuungsstunde)

180 €

288 €

Derzeitiger Elternbeitrag in Glückstadt

207 €

312 €

Entlastung Eltern

27 €

24 €

tatsächliche Belastung durch Wegfall Krippengeld (mtl. 100 €)

73 €

76 €

Elementar (3-6 Jahre)

5 Stunden Betreuung

8 Stunden Betreuung

Derzeitiger Landesdurchschnitt

161,45 €

258,33 € €

Zukünftige Deckelung

(5,82 € Monatsbeitrag pro wöchentlicher Betreuungsstunde)

145 €

233 €

Derzeitiger Beitrag Glückstadt

145 €

231 €

Belastung Eltern

0 €

2 €

 

Sozialstaffel

Die Ermäßigung der Elternbeiträge für Familien mit geringem Einkommen und für Familien mit mehreren Kindern in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege sollen landeseinheitlich geregelt werden. Die unterschiedlichen Kreissozialstaffeln entfallen.  Das BMFSFJ plant eine (erneute) Änderung des § 90 SGB VIII. Empfänger der benannten Sozialleistungen wären dann stets vollständig (zu 100 %) zu befreien. Diese Rechtslage voraussetzend kann eine landeseinheitliche Regelung unter Ausnutzung des Landesrechtsvorbehalts durch Festlegung des einzusetzenden Einkommens über der Einkommensgrenze und ggf. weitere Regelungen zur Bestimmung der Zumutbarkeit erfolgen. Werden mehrere Kinder gleichzeitig in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege gefördert, wird die Familie durch eine landesweit einheitliche Geschwisterermäßigung entlastet. Eine landesweite Regelung muss sich an den denjenigen örtlichen Jugendhilfeträgern orientieren, die bislang weitgehende Ermäßigungen gewähren. Konsens ist, dass für das 2. Kind 50% Ermäßigung und für alle weiteren Kinder eine 100% Ermäßigung des Elternbeitrages erfolgt.

 

Kostenausgleich

Der Kostenausgleich zwischen Wohn- und Standortgemeinde entfällt und stärkt damit das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern/Sorgeberechtigte, so dass diese zukünftig frei Kindertageseinrichtungen außerhalb ihrer Wohnortgemeinde wählen können. Bisher war dies nur bei Platzmangel oder aus besonderen Gründen (z.B. pädagogisches Angebot) möglich. Den Standortgemeinden wird jedoch ein sogenannter Gemeindekindervorbehalt bei der Platzvergabe ermöglicht, dies bedeutet, dass Plätze in Glückstadt zunächst mit Glückstädter Kindern belegt werden können.

 

Rechtsanspruch Ü3

Für Kinder im Alter von 3 – 6 Jahren besteht zukünftig ein Rechtsanspruch auf 5 Stunden Betreuung am Tag.

 

Kita-Datenbank

Für die Träger/Standortgemeinden ist die Teilnahme an der Kita-Datenbank zukünftig verbindlich.

 

3. Qualitätsverbesserung

Das SQKM definiert und berücksichtigt eine landesweit geltende Standardqualität, im Wesentlichen sind hier die folgenden Punkte zu nennen:

 

  • Personalschlüssel: 2,0 Kräfte pro Gruppe (Anhebung Elementarbereich von 1,5 auf 2 Kräfte),
  • Verfügungszeit: 5 Std./Woche/Gruppe,
  • Leitungsfreistellung: bis 5 Gruppen 7,8 Std./Woche/Gruppe und ab 5 Gruppen komplette Freistellung (39 Std.),
  • Ausfallzeiten: 390 Std./Jahr.

 

Weitergehend werden folgende finanzielle Mittel zu Grunde gelegt:

 

  • Sachkostenzuschlag päd. Personal: 6.250 € pro Vollzeitäquivalent,
  • Sachkostenzuschlag Einrichtung: 500 € pro Kind/Jahr,
  • Gemeinkostenzuschlag: 15 % von den Personalkosten.

 

4. Investitions- und Mietkosten

Investitionskosten und Mietkosten sind in den SQKM-Sätzen bereits berücksichtigt. Wie und in welchem Umfang ist derzeit nicht bekannt. Weitere Förderprogramme unterliegen der Maßgabe des Haushaltes.

 

5. Integrationskinder (Kinder mit besonderem Betreuungsbedarf)

Im Rahmen einer Übergangslösung werden über das SQKM die Kosten der Gruppenreduzierung um einen Platz (ausgehend von der Regelgruppengröße) bei Aufnahme eines Kindes mit Behinderung (sowohl für Ü3 als auch für U3 Kinder) getragen, wenn der örtliche Träger aufgrund der Ergebnisse der Teilhabeplanung nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) oder der Hilfeplanung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) im Einzelfall einen entsprechenden erhöhten Förderbedarf festgestellt hat. Die gesetzliche Regelung einer zwingenden Platzzahlreduzierung entfällt. Der Einrichtungsträger erhält im Fall einer Platzzahlreduzierung einen Zuschlag auf den (belegungsunabhängigen) Gruppenfördersatz, der die geringeren Elternbeitragseinnahmen aufgrund der Platzreduzierungen ausgleicht. Die Kosten der Platzzahlreduzierungen für I-Gruppen auf 15 Plätze werden ebenfalls über das SQKM getragen. Die Eingliederungshilfe finanziert bei Einzelintegration/ambulanter Frühförderung (= bisherige Bezeichnungen) die Leistungen der zur Regelpersonalausstattung der Gruppe hinzukommenden (externen) heilpädagogischen Fachkraft und  in I-Gruppen die Mehrkosten einer heilpädagogischen Fachkraft gegenüber einer regulären Zweitkraft (SPA).

 

6. Ungeklärte Sachverhalte

Folgende Punkte befinden sich weiterhin in den Unterarbeitsgruppen in der Erarbeitung:

 

        Räumliche Mindeststandards: Festlegung unter anderem für die pädagogisch nutzbare Fläche pro Kind, da derzeit solche Vorgaben nur im Rahmen der heimaufsichtlichen Praxis bestehen. Dabei sollen umfassende Regelungen zum Bestandsschutz getroffen werden,

        Verbindlichkeit eines Mittagessens bei Ganztagsangeboten mit Mindeststandards,

        Schließzeiten: Höchstgrenze soll voraussichtlich auf 20 Wochentage festgelegt werden, wobei maximal 15 am Stück geschlossen sein dürfen,

        Sozialstaffel und Geschwisterermäßigung: Über die bereits verbesserte bundesrechtliche Regelung (durch das Gute-Kita Gesetz zum 01.08.2019: Erweiterung des von Beiträgen befreiten Personenkreises um Empfänger von Wohngeld und Kinderzuschlag) hinaus, beabsichtigt das Land eine landeseinheitliche Sozialstaffel-Regelung zu erlassen, die auch die Höhe der Geschwisterermäßigung einschließt,

        inklusive Kita: Für die Verschiebung von Kostenlasten zwischen Land und Jugendhilfeträgern sind geeignete Ausgleichsmechanismen zu finden. Im Rahmen der Gesamtevaluation während der Übergangsphase, soll dann geprüft werden, wie eine niederschwellige und möglichst frei von unnötigen Einzellösungen neue, inklusive Angebotslandschaft geschaffen werden kann, in der heilpädagogische Kompetenzen systemisch zur Verfügung stehen,

        Evaluationsverfahren: Die Eckpunkte für das Evaluationsverfahren sind noch zu entwickeln.

 

Weitergehend ist zu klären, wie und durch wen eine Qualitätskontrolle in den Einrichtungen bei der Verwendung der Fördermittel nach SQKM zu erfolgen hat und ob die Kreise und kreisfreien Städte zurückgeforderte Fördermittel für den strukturellen Nachteilsausgleich und den regionalen Ausgleich, der durch die kombinierte Objekt- und Subjektförderung entstehen könnte, einsetzen darf. Der Themenkomplex Fachkräftemangel ist bisher nicht aufgegriffen worden.

 

5. Zeitplan

Die Regelungsinhalte des neuen Gesetzes sollen mit dem Beginn des Kita-Jahres 2020/2021 und damit zum 1.8.2020 wirksam werden. Der Gesetzentwurf soll nach jetzigem Stand Anfang Juni diesen Jahres vorgelegt werden und im September in den Landtag eingebracht werden. Die Übergangslösung soll bis zum 31. Dezember 2023 zum Tragen kommen.

 

6. Fazit der Verwaltung

Gemessen an den Zielen bleibt festzustellen, dass mit einer landesweit geltenden Standardqualität in einer Vielzahl von Einrichtungen (insbesondere mit Elementargruppen) eine, wenn auch nach heutigem Standard nicht ausreichende, Qualitätsverbesserung eintreten wird. Da aber die Gebührengestaltung der Elternbeiträge sehr heterogen ist, das sog. Krippengeld wegfallen wird und einige Städte und Gemeinden sich bereits bewusst für niedrige Elternbeiträge entschieden haben, kann es für einige Eltern/Sorgeberechtigte im Vergleich zum Landesdurchschnitt durchaus auch zu keiner, zu einer gering ausfallenden Entlastung oder sogar zu einer Belastung kommen. Negativ bleibt festzustellen, dass die Entlastung der kommunalen Ebenen deutlich hinter den Erwartungen zurück bleibt und sich weitere Finanzierungsrisiken für die Kommunen ergeben. Darüber hinaus wird es mehr statt weniger Finanzbeziehungen, keine Vereinfachung der Finanzierungsregelungen und keine einheitliche Verantwortung geben, was voraussichtlich auf der kommunalen Ebene (Kreise, Städte, Ämter und Gemeinden) zusätzliche Personalressourcen erfordern wird, da Aufgaben durch die Reform anders und umfangreicher wahrgenommen werden müssen oder völlig neu entstehen werden. Die Frage der Konnexitätsrelevanz muss bei weiteren Verhandlungen mit dem Land durch die Spitzenverbände thematisiert werden. Zu erwarten ist, dass Mehrbelastungen der Kreise in die Kreisumlage einfließen werden und die Städte und Gemeinden dadurch zusätzlich belastet werden.

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Anlagenverzeichnis:

Eckpunktepapier KiTa-Reform

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Eckpunktepapier KiTa-Reform (1151 KB)